Im Vorfeld des zweiten Weltkriegs schrieb Colin Gubbins, Kommandant der englischen Sondereinsatztruppen, The Art of Guerrilla Warfare. Das Pamphlet bot den Widerstandskräften, die im besetzten Europa hinter den Linien der Feinde agierten, Hilfe bei Guerilla-Attacken und Sabotage.
Die Umstände der Partisan*innen in von den Nazis besetzten Gebieten unterscheiden sich in wichtigen Aspekten von denen heutiger potentieller Ökosaboteur*innen.
Charakteristik | 2. Weltkrieg | Heute |
---|---|---|
Besatzer | Nazideutschland | Industrielles System |
Bevölkerung loyal gegenüber | Besetzter Nation | Industriellem System |
Widerstand verteidigt | Besetzte Nation | Menschl. u. nicht-menschl. Leben global |
Verbreitete Einstellung gegegnüber Widerstand | Unterstützung | Feindselig |
Ziele d. Widerstands | Feindliche Truppen u. Unterstützung | Kritische Infrastruktur - nicht Menschen |
Größe des Widerstands | Oft groß | Winzig |
Andere im Widerstand finden | Relativ einfach | Schwer und gefährlich |
Strategisches Ziel | Feindl. Truppen beschäftigen & vom wirklichen Krieg abhalten | Fossile Energien abschalten, Industrialismus unmöglich machen |
Trotzdem können viele von Gubbins Prinzipien für den heutigen Widerstand relevant sein; hier sind Auszüge aus seinem Pamphlet mit Kommentaren von Fossile Energien aufhalten (FEA) in kursiv:
#2. Es gibt drei Hauptarten des Guerillakrieges:
(a) Die Aktivitäten von Individuen oder von kleinen Gruppen, die heimlich Sabotageakte durchführen.
(b) Die Aktionen einer größeren Gruppe, die als Bande einem nominierten Anführer unterstellt ist und Militärtaktiken, Waffen usw. nutzt, um ihr Ziel zu erreichen, das normalerweise darin besteht, etwas zu zerstören.
(c) Die Operationen von großen Guerillatruppen, deren Stärke einen gewissen Grad an militärischer Organisation notwendig macht, um ihren Zusammenhalt sicherzustellen und um einen Aktionsplan effektiv durchzuführen.
FEA: Moderne Ökosaboteur*innen werden meist auf Individuen und kleine Affinitätsgruppen beschränkt sein. Sie könnten mit großen Netzwerken mehr erreichen, aber diese wären im heutigen Überwachungsstaat schwer zu organisieren.
#8. Die ganze Kunst des Guerillakrieges liegt darin, den Feind dort zu treffen, wo er es am wenigsten vermutet und wo er dennoch am verletzlichsten ist.
#9. Die Methoden und Prinzipien des Guerillakampfes müssen auf einer korrekten Einschätzung der relativen Vorteile und Nachteile des Feindes einerseits und der Guerillas andererseits aufbauen, was sowohl Ausrüstung angeht als auch Mobilität, Truppenstärke, Informationslage, Kampfgeist, Training usw.
#11. Guerillas können in den Aspekten Mobilität, Informationslage und Kampfgeist einen Vorteil gewinnen, und diese Faktoren sind die Mittel, durch die die überlegene Ausrüstung und Truppenstärke des Feindes am besten bekämpft werden kann. Diese Überlegenheit im Aspekt Mobilität ist allerdings nicht absolut sondern relativ – da ist die Verwendung des Bahnsystems durch den Feind, der Besitz einer großen Anzahl Autos, Lkws, Panzerwagen, Panzer usw., eine große Kavallerie usw. Aber wenn der Ort der Auseinandersetzung klug gewählt ist und im Schutz der Dunkelheit gehandelt wird, um einen Überraschungseffekt zu erzielen, können die Guerillas relativ überlegene Mobilität für das Zeitfenster erreichen, das für die fragliche Operation relevant ist.
FEA: Regierungen und private Sicherheitskräfte werden heute vermutlich keine Kavallerie haben, aber sie haben Flugzeuge, Helikopter, Drohnen und die Fähigkeit, Truppen aus jeder Richtung zu mobilisieren. Überraschende Bewegungen und im Voraus geplante Fluchtrouten bleiben wichtig.
#12. Der Feind wird normalerweise in einem Land sein, in dem die Bevölkerung größtenteils feindselig ist, daher werden die Leute aktiv kooperieren, indem sie die Guerillas mit Informationen versorgen und diese dem Feind vorenthalten.
FEA: Leider identifizieren sich heute fast alle Leute mit dem Feind – dem industriellen System – daher ist die Situation heute umgekehrt.
#14. Guerillas müssen die Initiative ergreifen und sich nach Kräften darum bemühen, diese zu behalten. Die Initiative zu haben verleiht den unschätzbaren Vorteil, den Ort für Operationen zu wählen, der am vorteilhaftesten für Erfolg ist, was Lage, Zeitpunkt, relative Stärke usw. angeht. Die Initiative kann immer ergriffen werden, indem man vollkommen inaktiv bleibt, bis der Moment gekommen ist, als Guerilla zu handeln, und dann einen Überraschungsangriff auf den Feind startet.
#15. Die Immunität von Partisanen gegen Aktionen des Feindes ist ein Faktor von höchster Wichtigkeit, was Kampfgeist angeht; dem Feind Schaden und Tod zuzufügen und ungeschoren davonzukommen ärgert und frustriert den Feind und ermutigt entsprechend die Guerillas; in dieser Handlungssphäre ist nichts so erfolgreich wie Erfolg.
#16. Das Ziel der Guerillas muss es sein, ihre inhärenten Vorteile so auszunutzen, dass sie diejenigen des Feindes nichtig werden lassen. Die Prinzipien dieser Art von Kriegsführung sind daher:
(a) Zuallererst der Überraschungseffekt, indem man die Pläne des Feindes herausfindet und die eigenen Absichten und Bewegungen verhüllt.
(b) Führe niemals eine Operation durch, außer der Erfolg ist dank gründlicher Planung und guter Informationslage sicher. Brich die Aktion ab, wenn sie zu riskant wird.
(c) Stelle sicher, dass es immer einen sicheren Fluchtweg gibt.
(d) Wähle Gebiete und Orte für Aktionen aus, an denen deine Mobilität der des Feindes überlegen sein wird, da du besseres Kenntnis des Terrains, leichtere Ausrüstung usw. hast.
(e) Handle wenn möglich nur, wenn es dunkel ist.
(g) Vermeide es, in einem Kampf durch die überlegenen Truppen oder die bessere Ausrüstung des Feindes in die Enge getrieben zu werden; brich die Aktion ab, bevor sich eine solche Situation entwickeln kann.
(i) Wenn die Zeit zum Handeln kommt, handle mit der größten Unerschrockenheit und Verwegenheit. Das Motto des Partisanen ist ‚Wacker aber wachsam".
#24. Moderne Entwicklungen, besonders was Flugzeuge, mechanisierte Ausrüstung und drahtlose Technologie angeht, haben weitgehende Auswirkungen auf den Guerillakampf und erlauben dem Feind, sich schnell zu sammeln, um sich entdeckten Guerillas entgegenzustellen. Sich vor Flugzeugen zu verstecken wird daher zu einem der wichtigsten Faktoren und beschränkt unweigerlich die Fähigkeit einer größeren Anzahl Guerillas, sich frei durch das Land zu bewegen. Daher können sich solche Truppen, wenn sie unentdeckt bleiben wollen, nur nachts bewegen und müssen sich tags bedeckt halten oder Pfade nutzen – beispielsweise durch dichte Wälder usw. – die ein Versteck vor auskundschaftenden Flugzeugen bieten; solche Routen können allerdings ihre eigenen Hürden bereithalten.
FEA: Keine „größere Anzahl“ Ökosaboteur*innen wird sich durchs Land bewegen, aber kleine Gruppen werden sogar nachts vorsichtig sein müssen, um Überwachung durch Drohnen und Sicherheitskameras zu entgehen. Ihnen ist anzuraten, sich tags bedeckt zu halten, indem sie sich in der Bevölkerung verstecken, ihre beste Tarnung ist die Maske des Durchschnittsbürgers.
#35. Es ist sehr wichtig, dass jede Gelegenheit ergriffen wird, Waffen und Munition vom Feind zu stehlen. Es wird manchmal notwendig sein, Überfälle zu organisieren, deren Hauptziel es ist, Waffen zu erobern; jeder Partisan muss diesen Sachverhalt als höchste Priorität begreifen und bereit sein, jede Gelegenheit zu ergreifen, die sich bietet.
FEA: Gubbins schreibt über Munition zur Tötung von Menschen. Moderne Widerstandskämpfer*innen würden nach Sprengstoff und anderen Mitteln suchen, die benutzt werden können, um Infrastruktur zu beschädigen.
#40. Die Guerillas müssen den Leuten deutlich machen, wie absolut notwendig es ist, dem Gegner alle Informationen über sie vorzuenthalten, egal wie harmlos sie erscheinen mögen; die Leute müssen überzeugt werden, dass ihre Weigerung, mit dem Feind zu kommunizieren, von größter Bedeutung für die Befreiung ihres Landes vom Griff des Feindes und für die Sicherheit ihrer Freundinnen, Freunde und Verwandten ist. Sie müssen angewiesen werden, niemals und unter keinen Umständen über die Aktivitäten der Guerillas zu reden.
In jeder Gemeinschaft wird es gewisse Individuen geben, die so würdelos sind, dass sie sogar ihre eigenen Landsmänner verkaufen würden, um ihre Gier zu befriedigen. Auf diese Möglichkeit muss gut geachtet werden, und wann auch immer derartige Niederträchtigkeit bewiesen wurde, muss der Verräter ohne Zögern und Zaudern getötet werden. Durch derart mitleidlose, aber gerechtfertigte Handlungen werden andere, die ähnlichen Verrat planen, abgeschreckt werden.
FEA: Die meisten Leuten werden Untersuchungen gegen Personen, die gegen die fossilen Energien aktiv werden, bereitwillig unterstützen, aber die, die Sympathien für diesen Kampf haben, sollten niemals mit der Polizei reden. Um die Sicherheit von Untergrundaktivist*innen zu gewährleisten, mag es notwendig sein, dass die Bewegung härtere Strafen als nur öffentliche Bloßstellung gegen Leute wie den heroinsüchtigen ELF-Informanten Jake Ferguson anwendet.
#42. Die Guerillas selbst müssen dazu trainiert werden, keine Informationen preiszugeben, wenn sie verhaftet werden. Der Geheimdienst des Feindes ist gut darin, Gefangene zum Reden zu bringen, Überwachungsgeräte und Spitzel in Gefängnisse und Konzentrationslager zu schleusen, die Briefe, die Gefangene erhalten und versenden, zu lesen usw.
#44. Alle Kommunikationsmittel, die vom Feind abgefangen werden könnten, müssen mit größtmöglicher Vorsicht verwendet werden, da jeder Code und jede Verschlüsselung, die von Guerillas verwendet wird, notwendigerweise einfach sein oder selten geändert werden muss, weshalb es dem Feind nicht schwer fallen wird, den Code zu entschlüsseln. Derartige Mittel bieten daher nur sehr begrenzte Sicherheit.
#45. Informationen verbal und direkt zu übermitteln, ist eindeutig die sicherste und in vielerlei Hinsicht verlässlichste Vorgehensweise.
FEA: Richtige angewandte moderne Verschlüsselung ist mathematisch unmöglich zu brechen, aber Metadaten können analysiert und Software und Betriebssysteme kompromittiert werden. Persönliche Kommunikation, weit weg von elektronischen Geräten und Orten, die verwanzt sein könnten, ist immer noch am sichersten. Geht im Wald spazieren!
#48. Jeder Guerilla, der einen Hintergrund mit militärischem Training hat, ist ipso facto ein besserer Partisan. Das Ziel von militärischem Training ist es, jeden Rekruten von welchem Kaliber auch immer in einen einigermaßen guten Soldaten zu verwandeln, weshalb es auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner aufbaut. Guerillas dagegen rekrutieren meist die, die eine natürliche Neigung zum Kämpfen haben, die den Gebrauch von Waffen, Schlafen auf dem Boden, Handeln im Dunkeln usw. gewohnt sind.
Daher sollte ihr Training zunächst auf den Gebrauch der grundlegenden Waffen fokussiert sein und auf den Gebrauch der verschiedenen destruktiven Mittel wie Bomben, Minen für Straßen und Bahngleise usw., die so einen besonderen und nützlichen Aspekt des Guerillakampfes bilden.
#49. Für diese Mittel sind Kenntnisse von elektrischen Geräten von großem Wert; Anführer müssen daher versuchen, in ihren Gruppen einige Leute zu haben, die über derartiges Wissen verfügen; wenn diese nicht verfügbar sind, müssen Personen mit der entsprechenden Veranlagung ausgebildet werden. Das Platzieren und sogar das Auslösen dieser Vorrichtungen selbst kann im Notfall oft von Personen ohne entsprechenden Hintergrund ausgeübt werden, aber die Risiken von Ineffizienz und Fehlschlag sind groß und sollten nicht in Kauf genommen werden, nur um ein wenig Zeit zu sparen.
#52. Training in defensiven Aktionen gegen moderne Waffen ist wichtig, besonders in den folgenden Aspekten:
(a) Flugzeuge: Partisanenführer müssen allen ihren Kämpfern verdeutlichen, dass die sicherste Methode, Erfolg zu erzielen, ist, unentdeckt zu bleiben. Sich vor Flugzeugen zu verstecken, ist von größter Wichtigkeit und den Leuten muss beigebracht werden, sich schnell zu verstecken, sich mit dem Gesicht nach unten hinzulegen und vollkommen still liegen zu bleiben, bis das Flugzeug vorbeigeflogen ist.
FEA: Aktivist*innen müssen eventuell Gegenmaßnahmen gegen Sicherheitskameras, Drohnen und andere moderne Technologie ergreifen.